Sie haben bestimmt schon einmal von den Turtle Tradern gehört, den legendären Börsenhändlern um Curtis Faith. Richard Williams und William Eckhardt hatten Anfang der 1980er Jahre eine Wette, jeden Anfänger durch ein festes Regelwerk zu einem erfolgreichen Trader machen zu können.  Im Folgenden möchte ich diese Strategie einmal näher vorstellen.

 

Bei dem System der Turtle Tradern handelt es sich um einen Tradingansatz, der sowohl für Trendfolger als auch für den Breakout-Trader interessant ist.  Das Ziel von „The turtle“ ist es, Trends frühzeitig zu erkennen – mit Hilfe von Open Range Breakouts werden diese Einstiege zeitlich begrenzt.

In diesem Beitrag werden wir uns ein einfaches Beispiel ansehen, wie die Schildkröten ihren Eintritt in einen Trend zeitlich geplant haben und diesen Trend im Laufe der Zeit verfolgen würden. Der frühe Eintritt ist wichtig, weil die ersten Phasen eines Trends oft dort liegen, wo die Dynamik am stärksten ist und wo das meiste Geld verdient wird.

Die „Turtle Traders“ agierten effektiv wie moderne Handelsroboter, also ausschließlich technische Trader. Sie haben nicht über die Lage des Marktes nachgedacht, sondern sie haben sich einfach an ein präzises Regelwerk gehalten.

 

Zwei Ansätze für einen Trade

Die Turtle Trading Strategie verwendet ein duales Breakout-System, um in einen Trade einzusteigen. Die Idee dahinter ist es, neu entstehende Trends zu identifizieren und davon zu profitieren.  Beide Systeme arbeiten zusammen und ergänzen sich gegenseitig.

Neue Trends setzen sich oft nach einem Ausbruch durch. Ein Ausbruch ist einfach nur, wenn der Preis beginnt, sich stark in eine neue Richtung zu bewegen, sich außerhalb einer etablierten Spanne bewegt und neue Höchst- oder Tiefststände bricht.

Das ist die Zeit, in der ein Breakout-Trader in den Markt eintreten möchte. Tatsache ist jedoch, dass die meisten Ausbrüche nicht in Trends wachsen, die groß genug sind, um Gewinne zu erzielen.

Andererseits arbeitet das Slow Breakout System der Schildkröte über einen längeren Zeitraum und erfordert einen stärkeren Hinweis auf die Existenz eines Trends. Ziel ist es, Trends zu erfassen, die stärker etabliert sind, als dies bei kürzeren Zeiträumen der Fall wäre.

Das langsame Ausbruchssignal ermöglicht auch eine größere Rückführung des Trends als das schnelle Ausbruchssystem. Dies ermöglicht es ihm, länger in starken Trends zu bleiben.

 

Das 20-Tage-System plus dem 55-Tage System

Die Turtle Trader konzentrierten sich vor allem auf liquide Märkte und handelten in nur zwei separaten Zeiteinheiten:

  • Kurzfristig, auf einem 20-Tage Ausbruch basierend und
  • Langfristig, auf einem 55-Tage Ausbruch basierend.

Als technische Unterstützung wurde der Donchian Indikator (auch Donchian Channel Indikator) herangezogen. Dieser lieferte konkrete Einstiegssignale, sobald ein neuer Höchst- oder Tiefkurs die vorangegangenen 20, bzw. 55 Tage gehandelt wurde.

Ganz konkret wurde also eine Long Position eröffnet, sobald der Kurs ein neues 20-Tage Hoch gebildet hatte, wenn das vorherige Signal zu einem Verlust führte. Der Trade wurde geschlossen, wenn der Kurs unterhalb eines 10-Tages Tiefs schloss.

Ganz konkret wurde also eine Long Position eröffnet, sobald der Kurs ein neues 55-Tage Hoch gebildet hatte, wenn das vorherige Signal zu einem Verlust führte. Der Trade wurde geschlossen, wenn der Kurs unterhalb eines 20-Tages Tiefs schloss.

Für einen Short Trade gilt alles umgekehrt.

 

Das Risiko- und Moneymanagement

Das eigentliche Erfolgsrezept dieser Tradingstrategie ist aber das Setzen eines Stop Loss, sowie das Pyramidisieren der einzelnen Positionen in einem laufenden Trade.
Neben dem Schießen einer Position sobald der Kurs die 10-Tage-Linie durchbrochen hat, wurde gedanklich ein Verluststopp von 2% des Gesamtkapitals gesetzt.

Beispiel:

Wenn N=0,0090 beim Währungspaar GBP/USD in den letzten 20 Tagen wären und der Einsteigskurs liegt bei 1,3000, die einzelen Positionsgrößen wären:
1. Position: 1% vom Handelskapital x Marktvolatilität (0,0090)
2. Position: 1.3000 + ½ x 0.0090 = 1.3045
3. Position: 1.3045 + ½ x 0.0090 = 1.3090
4. Position: 1.3090 + ½ x 0.0090 = 1.3135

Formel 1: 1 Position = (1 % vom Handelskapital)/Marktvolatilität
Formel 2: 1 Position = (1 % vom Handelskapital)/N*Tickwert
(N = die durchschnittliche Schwankungsbreite eines Basiswerts in den letzten 20 bzw. 55 Handelstagen)
Um die Volatilität, bzw. Schwankungsbreite zu berechnen, kann jeder Trader heutzutage den bekannten Average True Range Indikator (ATR) nutzen.
Die Händler stockten Positionen, die im Gewinn lagen, um jeweils eine Unit auf und zogen diszipliniert den Stopp nach.

Diversifizierung zur Risikostreuung

Der Schlüssel zum Risikomanagement der Turtle Trader lag darin, durch Risikostreuung eine angemessene Diversifizierung zu erreichen. Die Turtles wurden ermutigt, ihre Bestände auf verschiedene Märkte zu verteilen, um die Diversifizierung zu erhöhen.
Auf diese Weise bauten sie Positionen auf und hielten sich gleichzeitig an strenge Risikokontrollen. Beispielsweise konnten sie 4 Einheiten in einem einzigen Markt handeln, aber bis zu 10 Einheiten insgesamt in korrelierenden Märkten. Sie hatten auch Gesamtlimits für die Anzahl der Long-/Short-Kontrakte, die gehalten werden konnten.
Wenn die Turtles mehrere Einstiegssignale hatten, würden sie entsprechend der Stärke des Signals handeln, bis ihre Gesamtzuteilung erreicht war.

Fazit:

Die Strategie der Turtle Trader war und ist kein Selbstläufer und ein Handelsansatz für schnelle Gewinne. Das lag zum einen daran, dass die Märkte erst für einige Wochen und Monate gverfolgt werden müssen um einen 20-Tage, bzw. 55.Tage Ausbruch zu erkennen. Auf der anderen Seite sorgt die Charakteristik dieses Systems für mehrere kleinere Verluste bevor die langanhaltenden Trends mit dem Pyramidisieren für die notwendigen Gewinne sorgen.