Magie der runden Marken am Beispiel DAX und Dow Jones

Sie kennen bestimmt den Ausspruch „Es läuft rund“ wenn gewisse Dinge des täglichen Lebens problemlos an Ihnen vorbeiziehen. Dieser Ausspruch kommt nicht von ungefähr. Er hat weitreichende Verankerungen in unseren Ansichten und Gewohnheiten, die in vielen Lebensbereichen Anwendung finden. Man muss hier nicht bis zur Erfindung des Rades in der Menschheitsgeschichte zurückgehen, um entsprechende Beispiele für runde Dinge zu finden.

So werden beispielsweise Verhandlungen gerne symbolisch an einem „runden Tisch“ geführt oder auch die „runden Geburtstage“ in größerer Runde gefeiert. Welche Implikationen dies auf den Börsenhandel hat, erörtere ich in folgendem Fachartikel.

Hintergründe dieser Ansicht und Bezug zur Börse

Diese Gewohnheiten, den Blickwinkel auf runde Dinge zu richten, sind so stark in uns verankert, dass Sie auch im Börsenhandel Anwendung finden. Selbst wenn dort nicht mehr jede Order durch einen Menschen zur Börse transportiert wird, so stehen am Ende doch Menschen oder im Falle von automatisierten Handelssystemen die Programmierlogik durch Menschen erschaffen am Ausgangspunkt des Gedankenprozesses und damit der Order. Es verwundert daher nicht, dass auch in diesem Segment runden Marken eine hohe Bedeutung zugeordnet werden kann.

Historisch begründet ist dies durch die Finanzprodukte selbst. So werden Basiswerte bei Optionen und Optionsscheinen meist an runden Marken emittiert. Ein Optionsschein zur Aktie von Wirecard mit Basispreis 150 Euro ist weitaus häufiger am Finanzmarkt zu finden, als selbiges Produkt mit der Basis 148,37 Euro. In einem Index ist dieses Erscheinungsbild noch häufiger anzutreffen. Gerade zum Verfallstag sind die Spekulationen über Futures und Optionen daher an runde Marken angelehnt. Darauf hat sich nicht zuletzt die Produktschmiede der Finanzindustrie spezialisiert, beispielsweise mit Knockout-Zertifikaten.

Im DAX werden an der 12.000 deutlich mehr Zertifikate emittiert, als bei 12.100 und dann noch einmal an „krummen“ Marken wie zum Beispiel 11.947 Punkten. Diese Denkweise schlägt letztlich auf die Charttechnik und somit die Analyse im Börsenhandel durch. Hier stehen runde Marken besonders im Fokus der Marktteilnehmer und finden in der Berichterstattung und den Analysen entsprechende Würdigung. Schliesslich ist ein Bericht zum „Sprung des DAX

über 12.000 Punkten“ gefühlt spannender, als die Headline „Deutscher Aktienindex fällt unter 11.937 Zähler“. Erfahren Sie im nächsten Absatz, wie sich dies in der Praxis darstellt.

Runde Marken im Chartbild des Dow Jones

Der Verlauf des Dow Jones September orientierte sich vor allem zum Ende hin sehr oft an der runden Marke von 27.000 Punkten. Am letzten Handelstag, dem 30. September war diese Marke noch der brisante Widerstand und bereits einen Tag später, zum Start des Monats Oktober, bildeten die 27.000 Punkte eine kurzfristige Unterstützung.

Vor allem für Daytrader war es daher immer wieder spannend, in Richtung dieser Marke positioniert zu sein.

Den Kampf um die Marke von 27.000 hätten die Bullen fast gewonnen und damit das Jahreshoch anvisieren können, wenn hier nicht die Wirtschaftsdaten aus den USA für Druck gesorgt hätten.

Nach dem mehrfachen Verweilen und Anlaufen dieser Schwelle entschied sich der Dow Jones dann für einen Ausbruch auf der Unterseite aus seiner mehrwöchigen Range:

Wie zu sehen ist, konnte die 27.000 im Chartbild als rot markierte Zone über mehrere Wochen hinweg eine starke Anziehungskraft ausüben. Doch mit dem entsprechenden Abstand nahm dies sukzessive ab und die Anziehungskraft der nächsten runden Marke entsprechend zu.

Die 26.000 rückte schneller als gedacht in den Fokus der Börsianer und wurde nur zwei Tage später erreicht. Dort bot sie am ersten Handelstag der Berührung, dem Mittwoch 2. Oktober, einen starken Halt. Augenscheinlich waren hier eine Vielzahl der Marktteilnehmer wieder bereit, den Ausverkauf zu bremsen und den Markt zu stützen.

Als die Marke im Zuge weiterer Wirtschaftsdaten am Donnerstag dann gebrochen wurde, kam entsprechende Dynamik auf. Bis rund 25.750 Punkten fiel der Dow Jones binnen weniger Minuten und erholte sich danach ebenso dynamisch zurück auf das urspüngliche Niveau.

Daytrader hatten hierbei die runde Marke von 26.000 Punkten fest im Auge und sprangen nach zwei Tests am Nachmittag entsprechend 16.30 Uhr auf die Long-Seite um. Dies führte zu Eindeckungen am Gesamtmarkt und einer ebenso impulsiven Gegenbewegung, die man Reversal nennt:

Der Folgetag ließ nach diesem Reversal die Bullen an die Wall Street zurückkehren und den Abstand zur 26.000 weiter vergrößern. Dennoch sind die Spuren im Markt an dieser runden Marke sehr offensichtlich und sprechen für die Wichtigkeit der Beachtung solcher Marken im Trading:

Diesen längeren Kampf, der als Schlagabtausch zwischen Bullen und Bären gilt, kann man im kurzfristigen Zeitrahmen noch einmal deutlicher erkennen und mit dem Wissen über die Relevanz solcher Marken zukünftig entsprechend gewinnbringend nutzen:

Stellt man beide runde Marken in einem Chartbild dar, fallen diese als wichtige Marken im Chartbild jedem technischen Analysen ins Auge:

Nun stehen wir zum Wochenstart recht genau zwischen beiden Marken und justieren uns im Chartbild neu.

Nehmen Sie hierbei bitte aus dieser Analyse mit, dass in der Nähe solcher Marken eine hohe Wahrscheinlichkeit der Anziehung und mehrtägiges Verweilen an einer solchen runden Marke wahrscheinlich ist. Ist dies nur ein Phänomen beim Dow Jones oder kann man dies auf weitere Märkte übertragen?

 

Runde Marke im DAX

Ein ähnliches Verhalten ist im DAX zu beobachten. Dort stand die runde Marke von 12.000 Punkten in der letzten Woche zur Diskussion.

Denn der Verkaufsdruck der Wall Street hatte auch hier entsprechende Auswirkungen und war in den Kursnotierungen zu beobachten. Am Mittwoch fiel der Deutsche Aktienindex dynamisch unter diese Marke und hatte damit nach dem Feiertag am Donnerstag erst am Freitag die Gelegenheit, eine mögliche Anziehungskraft zu testen.

Dies holte er am Freitag direkt nach und kehrte pünktlich zum Handelsschluss XETRA zu dieser Marke zurück: 

Nach der Schlussauktion stand das Deutsche Aktienbarometer auf 12.012 Punkten und hat damit auch hier die Anziehungskraft dieser runden Marke bestätigt. Schauen wir in die Zukunft, hat der DAX nun die Chance, in der kommenden Woche ähnlich dem Verlauf an der Wall Street eine Gegenbewegung einzuleiten.

Dies ist keine Garantie für einen kurzen „Besuch“ unter 12.000 und kann vielmehr, ähnlich den eingangs dargestellten Bereichen im Dow Jones, eine mittelfristig attraktive Handelsmarke bilden. Wie weit weg eine Bewegung von dieser Marke tragen kann, erfahren Sie in unserem täglichen Marktausblick auf Daytrading-Live.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Berücksichtigung dieser runden Marken in Ihrem zukünftigen Tranig-Alltag.

Ihr Andreas Mueller (Bernecker1977)