LONG und SHORT

Der Devisenhandel ist – vereinfacht ausgedrückt – ein Tausch: Man wechselt eine Währung gegen eine andere Währung in einem bestimmten Tauschverhältnis. Auch der Aktienkauf ist eine Tauschaktion; Geld gegen Aktien oder umgekehrt. Gegenüber dem Handel mit Aktien bietet der Devisenhandel einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Der Anleger kann sowohl auf steigende als auch auf fallende Notierungen setzen. Beim Aktienhandel ist dies in der Regel nicht ohne weiteres durchführbar. Das so genannte Leerverkaufen (“shorten”) ist zwar inzwischen auch für Privatpersonen möglich, allerdings bietet es bei weitem nicht jeder Broker an. In der Regel können auch nur Werte mit einer hohen Marktkapitalisierung leerverkauft werden. Am Aktienmarkt lassen sich daher meist nur positive Analysen problemlos umsetzen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von Long- und Short-Positionen. Spektuliert man auf eine positive Entwicklung der an erster Stelle genannten Währung und kauft diese, baut man eine Long-Position auf.

Wird erstgenannte Währung stattdessen verkauft, handelt es sich um eine Short-Position. Nachdem man alle Zahlungsverpflichtungen ausgeglichen hat und über keinen Devisenbestand mehr verfügt, ist man glatt (flat). Im FX-Handel kann ein Marktteilnehmer sowohl von steigenden als auch von fallenden Märkten gleichermassen profitieren. So kann problemlos auf einen schwächeren (oder auch stärkeren) US-Dollar gegenüber dem Euro spekuliert werden. Eine Transaktion besteht dabei immer aus dem gleichzeitigen Kaufen einer Währung und dem Verkaufen einer anderen Währung. Geht man von einem schwächeren US-Dollar aus (das heisst man verkauft US-Dollars), geht man gleichzeitig eine Long-Position im Euro ein (das heisst man kauft Euros).

Diese Transaktion lässt sich auch wie folgt ausdrücken: Man bezahlt die Euros mit den Dollars, das heisst man gibt Dollars weg und erhält dafür Euros. Überträgt man dieses Beispiel auf den Aktienmarkt, setzt sich eine Transaktion aus dem Erhalt der Aktien und dem “Verlust” des Geldes zusammen. Im Aktienhandel besteht das Risiko einer Position primär in dem Wert der Aktie. Die entgangenen Einnahmen aus den Zinsen, die man erhalten würde, wenn man das Geld nicht in Aktien investiert hätte, können beim Traden in der Regel bedenkenlos vernachlässigt werden.

Das Risiko beim Aktienhandel wird somit vor allem durch die Schwankungen der Aktie und nur im geringen Umfang durch steigende beziehungsweise sinkende Zinssätze charakterisiert. Beim Devisenhandel sind dagegen zwei eigenständige Währungen involviert, die beide mit Risiko verbunden sind. Daher sollten auch beide Risiken stets betrachtet und gegeneinander abgewogen werden. Der Anleger sollte beim Handel mit Währungen somit immer zwei Seiten betrachten. Rechnet er mit einem stärkeren Euro, weil sich die europäische Wirtschaft gut entwickelt, sollte auch die andere Währung des zu handelnden Paares beachtet werden (zum Beispiel der US-Dollar).

Entwickeln sich die USA im Vergleich zu Europa vorteilhafter, sollte er besser in den US-Dollar investieren und Euros verkaufen, obwohl die Aussichten für Europa ebenfalls gut sind. Erwartet er für die Zukunft eine schwache japanische Wirtschaft, würde es sich in diesem Beispiel empfehlen, auf einen steigenden US-Dollar gegenüber dem Yen zu spekulieren (das heisst US-Dollars kaufen, Yen verkaufen; Long USD/JPY. Im Gegensatz zum Aktienmarkt, auf dem bei Kurssteigerungen einer Aktie alle verdienen (Leerverkäufe bleiben hierbei unberücksichtigt), kommt beim Devisenhandel auf jeden Gewinn ein Verlust – in gleicher Höhe.

Die Gewinne eines Händlers entsprechen den Verlusten eines anderen Marktteilnehmers – und umgekehrt. Das Geld wird im Kreislauf somit immer lediglich hin- und herbewergt. Es geht weder Geld verloren (wie bei dem Kursverfall einer Aktie) noch entsteht “neues” (Kurssteigerung einer Aktie). Diese Betrachtung geht natürlich nicht auf die Tatsache ein, dass dem Kreislauf ständig Geld entzogen und zugefügt wird. Die Börsenweisheit “Geld geht nicht verloren, es hat nur ein anderer”, trifft auf den Devisenmarkt deutlich besser zu als auf den Aktienmarkt.