Der Facebook Gründer Mark Zuckerberg steigt jetzt mit einem großen Wirbel in die Welt der Kryptowährungen ein. Die Rechnung könnte aufgehen, denn die neue Währung Libra Coin könnte ein Problem lösen, das bisher alle Kryptowährungen nicht erreicht haben: Eine kritische Masse an Teilnehmern zu finden.

Facebook will über das Projekt Libra eine globale Währung einführen und die Finanzwelt für Milliarden von Menschen komplett auf den Kopf stellen. Das gilt insbesondere bei internationalen Transaktionen und für Entwicklungsländer. Dort haben viele Menschen noch immer keinen oder nur begrenzten Zugang zu einem Bankkonto. Natürlich würde Libra direkt in einige der weltweit beliebtesten Apps integriert: Das sind neben Facebook und dem Facebook Messenger auch WhatsApp und Instagram.

Die Reichweite wäre gigantisch und bei entsprechender Umsetzung ein Erfolg wohl fast schon garantiert. Die Frage ist weniger, ob das Projekt erfolgreich wird, sondern vielmehr wie erfolgreich die neue Währung wird. Wenn nicht ein PR-Skandal (oder die Politik) Facebook zuvor einen Strich durch die Rechnung macht.

Libra Coin sorgt für viel Aufmerksamkeit in der Branche

Facebook hat es geschickt geschafft, das Projekt Libra framen zu lassen wie andere Kryptowährungen. Aber Libra ist nicht wirklich mit Bitcoin oder Ethereum vergleichbar. Facebooks Währung würde zentral verwaltet werden, während die Dezentralität der Kryptowährungen gerade ein entscheidender Faktor ist. Libra verspricht dafür jedoch eine deutlich höhere Wertstabilität als bei Bitcoin, durch eine Kopplung an einen Korb aus Währungen. Die hohe Volatilität von Bitcoin ist immer wieder einer der größeren Kritikpunkte und macht auch derzeit wieder Anleger nervös.

Bitcoin ist die älteste und nach wie vor die am meisten verbreitete Kryptowährung am Markt. Das lässt sich auch messen. Die Bitcoin-Dominanz errechnet sich aus dem Verhältnis zwischen der Marktkapitalisierung von Bitcoin und dem Rest der Kryptowährungen. Wenn beispielsweise die meisten Kryptowährungen an Wert verlieren und Bitcoin preislich stabil bleibt, erhöht sich die Dominanz noch weiter.

Bitcoin bleibt die wichtigste Kryptowährung

Derzeit liegt der Faktor bei ca. 60 bis 70 Prozent. Weit über die Hälfte der Investitionen in Kryptowährungen sind also in eine einzige digitale Währung: in Bitcoin. Das ist erstaunlich, gibt es doch mehrere hundert Kryptowährungen zur Auswahl. Noch erstaunlicher ist jedoch, dass Bitcoin trotz dieser Dominanz es nicht in den Alltag von vielen Menschen geschafft hat. Es gibt nahezu keine praktisch relevante Lösung für Zahlungsmöglichkeiten im Alltag. Facebooks Libra Coin könnte das ändern. Das soziale Netzwerk verfügt über Accounts von rund 2 Milliarden Menschen, eine größere Datenbasis als wohl jedes andere Unternehmen auf der Welt. Das wäre eine lukrative Startposition für Facebook. Doch das Projekt trifft auch zunehmend auf Widerstand.

Virtuelle Währungen, wie sie oft in Computerspielen oder bei Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum verwendet werden, sind oftmals von strengen regulatorischen Vorschriften ausgenommen, die auf nationale Währungen und Aktien angewendet werden. Bei Facebook wird dies voraussichtlich anders sein. Aufgrund seiner Reichweite hat Libra einen ganz anderen Einfluss und könnte somit gefährliche Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Finanzstabilität haben. Eine Regulierung scheint für das Soziale Netzwerk wohl unausweichlich. (Stichwort: Too big to fail).

„Ich denke nicht, dass Sie Libra überhaupt starten sollten“

US-Kongressabgeordnete Carolyn Maloney bei einer Anhörung im Juli in Washington.

Einer der führenden und lautesten Kritiker von Facebooks Plan ist der US-Präsident selber. Donald Trump, der Führer der G7-Staaten, und der Chef der Bank of England, Mark Carney, haben alle ihre Besorgnis über die neue Kryptowährung zum Ausdruck gebracht.

Regulierung für Libra unausweichlich

Die mögliche Reichweite des Libra Coins macht schnell klar, wieso viele Teilnehmer am Finanzmarkt – darunter mächtige Politiker, Bankchefs und Aufsichtsbehörden – die Idee nicht mögen. Sie haben in den letzten Monaten die Macht der großen IT-Unternehmen (bspw. nach dem Cambridge Analytica Skandal) gemerkt?. Wer bis dahin noch an der Reichweite und Facebooks Einfluss zweifelte, wurde eines besseren belehrt. Banker fürchten nun um ihr Geschäftsmodell und Notenbanken um den Einfluss auf die Währungspolitik und Verbraucher – die fürchten mehr denn je um ihre persönliche Daten.

Das heißt nicht, dass eine digitale Währung wie Libra nicht auch viele Vorteile haben könnte. Für Händler ist die Verwendung von Kartenzahlung oftmals immer noch mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden. Die Nutzung von einer rein digitalen Währung könnte die Kosten nahezu komplett eliminieren. Ob Facebook allerdings soweit geht, ist natürlich eine andere Frage.

Wieso hat Libra Coin so einen Einfluss auf andere Kryptowährungen?

Facebooks Libra ist also eher vergleichbar mit einer Variation von Währungen des traditionellen Finanzsystems, als einer echten Kryptowährung. Daher sollte die Kursentwicklung von Bitcoin & Co. eigentlich von den Nachrichten um Libra abgekoppelt sein. In der Praxis sieht es jedoch anders aus. Mit der Ankündigung von Libra setzten auch viele Kryptowährungen zu einem neuen Höhenflug an.

Zwar wäre Bitcoin ein Konkurrent, der gegenüber Libra sogar den Kürzeren ziehen könnte, doch viele Trader setzen auf eine andere Karte. Einige Krypto Investoren begrüßen nämlich die gestiegene Aufmerksamkeit als Folge der Ankündigung aus dem Silicon Valley. Das treibt die Kurse an. Vielleicht erschrecken auch einige Verbraucher vor der Macht von Facebook und beschäftigen sich intensiver mit Bitcoin. Das würde die Kurse noch weiter stützen.

Darauf spekulieren zumindest einige Investoren. Kurzfristig scheint die Libra Ankündigung zumindest den Kryptowährungen zu einem neuen Höhenflug verholfen zu haben. Wie sich das Projekt des größten sozialen Netzwerks der Welt langfristig entwickelt, bleibt abzuwarten. Die Währung soll in 2020 auf den Markt kommen.

Wer ist Libra eigentlich genau?

Libra wird verwaltet von der Libra Organisation mit Sitz in der Schweiz. Diese Organisation besteht aus Mitgliedern, die zunächst einmal tief in die Tasche greifen müssen und ein buy-in von mindestens 10 Millionen Dollar für den Beitritt zahlen. Das kauft ihnen eine Stimme im Verwaltungsrat und berechtigt sie zu einem Anteil (proportional zu ihrer Investition) an den Dividenden aus den Zinsen der Währungsreserve.

Zu den derzeitigen Mitgliedern gehören die üblichen Verdächtigen wie Mastercard, PayPal und Visa, sowie fünf Risikokapitalgesellschaften. Dazu kommen auch insbesondere Tech-Unternehmen, die sich Zugang zu einem günstigeren Zahlungsdienster oder noch mehr Kundendaten versprechen. Dazu gehören Vodafone, Uber, ebay aber interessanterweise auch der Zahlungsdienstleister Paypal oder die Kryptobörse Coinbase.