Umsatzvolumen

Alles US-Dollar oder was? Diese an eine deutsche Joghurt-Werbung angelehnte Frage ist durchaus berechtigt. Schließlich dominiert der US-Dollar (ISO-Kürzel: USD) den Devisenhandel. Heute werden etwa 65 Prozent aller Devisenmarkt-Transaktionen in USD abgerechnet. Und der Markt ist riesig: Weltweit werden täglich Devisen im Volumen von etwa 1.800 Milliarden USD gehandelt. Bei rund 260 Handelstagen im Jahr ergibt sich eine gigantische Summe von 468.000 Milliarden USD. Im Vergleich dazu betrug das amerikanische Bruttoinlandprodukt in 2003 nur 11.000 Milliarden USD.

Wie eine Karawane machen sich die Händler innerhalb von 24 Stunden in Sydney auf, um über Tokio/Singapur nach Frankfurt/ London und New York sowie der amerikanischen Westküste schließlich wieder in Sydney zu landen. Dabei ist die Reise rund um den Globus nur einen Mausklick entfernt, sind sie doch mit ihren Rechnern in den hoch technisierten und stark vernetzten Trading-Systemen in jedem Moment am Markt präsent.

Durch so genannte „Overnight-Orders“ besteht die Möglichkeit, bei Veränderungen am Devisenmarkt in der Nacht, umgehend mit entsprechenden Käufen oder Verkäufen zu reagieren. Zentral- und Geschäftsbanken, Großkonzerne, Fonds, Versicherungen und andere Finanzintermediäre sowie millionenschwere Spekulanten sind die Marktteilnehmer. Da sich der Devisenhandel über die gesamte Welt erstreckt, entzieht er sich ähnlich des Internets weitgehend der Kontrolle einzelner Staaten.

Es herrscht der so genannte Freiverkehrshandel. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Das kommunistische China zum Beispiel koppelt die eigene Währung Renminbi (Yuan) seit 1995 an einen festgeschriebenen Wechselkurs zum USD. Zwar sichert der künstlich auf niedrigem Niveau gehaltene Yuan die Exportfähigkeit chinesischer Unternehmen und somit die wirtschaftliche Stärke des Landes, verpflichtet jedoch die Zentralbank zu Interventionen, wenn der Kurs zu stark schwankt.

Die große Futures-Händlerlegende Jesse Livermore, der in den zwanziger Jahren mit Weizen-Kontrakten Millionen gemacht und mit Sojabohnen-Futures alles wieder verloren hat, verschickte die Aufträge an seinen Broker teils noch per Post. Noch vor 25 Jahren warteten Händler und Broker jeden Nachmittag gespannt in ihren Büros auf ihre so genannten Tapes, um aktuelle Kurse zu erfahren.

Orders gingen per Fernschreiber und Telefon raus. Dann kamen die so genannten Wire-Systeme, die immerhin schon Direktverbindungen zu den Börsenplätzen ermöglichten. Aber erst mit dem Siegeszug der New Economy in den späten neunziger Jahren kamen Finanzportale und elektronische Handels-Plattformen ins Spiel. Ein grenzenloses Internet sowie eine perfekte Software sorgen heute dafür, dass Händler Kauf- und Verkaufsaufträge an ihren, falls nötig auch mobilen Rechnern, zur Echtzeit-Ausführung direkt platzieren und interaktiv kommunizieren können.

Devisenhandel?

Unter dem Strich gibt es drei Gruppen, die das Geschehen an den Devisenmärkten maßgeblich bestimmen: Spekulanten, Hedger und Interventionisten. Der größte Spekulant war zweifellos Jesse Livermore, dessen Nachfolge gegen Ende des 20. Jahrhunderts George Soros angetreten hat. Dazu kommen noch die mittlerweile gewichtige Gruppe der Hedge-Fonds sowie ein Millionenheer von Kleinspekulanten. Allen geht es darum, Gelegenheiten an den Devisenmärkten zu ihrem Vorteil auszunutzen, kurzum Gewinne zu erzielen. Dabei werden Sie werden oft kritisiert, scheinbar auf Kosten anderer verdienen zu wollen. Fakt ist jedoch, dass eigentlich nur Schwachstellen, die ohnehin vorhanden sind und andere zu verantworten haben, durch solche Akteure ausgenutzt werden und sich hierdurch sogar eine wünschenswerte Marktbereinigung ergibt.

Schwächelt zum Beispiel der US-Dollar und ein Spekulant verdient daran, dann stehen dahinter volkswirtschaftliche Versäumnisse der US-Wirtschaft. Ein Ungleichgewicht, das die Märkte früher oder später korrigiert hätten. Ein guter Spekulant nimmt diese Entwicklung vorweg und verdient mit seiner Einschätzung Geld – oder er verliert es, wenn sie sich als falsch herausstellt. Die Hedger – zu Deutsch: Absicherer – haben in der Regel keine Gewinnabsichten. Ihnen geht es um die Absicherung des Währungsrisikos. Das heißt, sie kaufen heute schon die Währung, die sie morgen benötigen.

Das Motiv ist klar: Den heutigen Preis kennen sie, mit dem können sie kalkulieren. Wie sich der Preis im Zeitablauf ändert, ist hingegen nur schwer zu prognostizieren. Ein Beispiel verdeutlicht den Mechanismus:Ein Exporteur, der eine Maschine für 100.000 US-Dollar in die USA verkauft hat, aber erst in sechs Monaten den Rechnungsbetrag in US-Dollar erhält, sieht sich einem Wechselkursrisiko ausgesetzt und läuft bei einem Wertverlust des US-Dollar Gefahr, Geld zu verlieren. Die Unsicherheit besteht im Grunde darin, dass nicht genau abschätzbar ist, welchen Euro-Gegenwert 100.000 US-Dollar in sechs Monaten haben.

Beispiel: Absicherung eines USD-Aktiendepots

Wie groß die Auswirkungen von Wechselkursschwankungen sind, veranschaulicht folgendes Beispiel: Ein Anleger – nennen wir ihn einmal Benjamin Cash – will 100.000 Euro in US-Aktien investieren. Für diese Summe bekommt er Anfang 2002 bei einem EUR/USD-Wechselkurs von 0,90, das heißt 90 Cent pro Euro, knapp 90.000 USD, die er in New York anlegt.Zu einem bestimmten Zeitpunkt sind die Kurse der Aktien um etwa fünf Prozent gestiegen. Der Wert seines Depots beträgt knapp 95.000 USD und der erfreute Anleger entschließt sich, zu verkaufen. Doch der Greenback hat dem Investor einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Denn der Wert des USD ist inzwischen gesunken und er muss nun 1,12 USD pro Euro bezahlen. Beim Rücktausch erhält Benjamin Cash für seinen Depotwert von 94.500 USD, also nur etwas mehr als 84.800 Euro zurück.

Von 100.000 Euro hat er somit 15.200 Euro oder über 15 Prozent seines Startkapitals in den Sand gesetzt. Der Kursverlust des Greenbacks hat den Anleger trotz des Aktiengewinns ins Minus gerissen. Aber schon mit einer kleinen Spekulation am
Devisenmarkt hätte sich unser Benjamin Cash absichern und für sein Depot trotz der Währungsverluste einen ordentlichen Ertrag realisieren können. Zuletzt seien die Interventionisten genannt. Zu ihnen zählen Zentral- und Notenbanken, die weder Gewinn- noch Absicherungsstrategien verfolgen. Sie tätigen Währungskäufe oder -verkäufe aus volkswirtschaftlicher Motivation heraus und versuchen den Kurs der eigenen Währung in die eine oder andere für sie günstige Richtung zu bewegen. Grundsätzlich haben Notenbanken mehrere Möglichkeiten, Wechselkurse in die von ihnen gewünschte Richtung zu dirigieren. Das schwächste Mittel ist die verbale Intervention, die so genannte „Moral Suasion“.

Bestes Beispiel ist die Europäische Zentralbank (EZB), die sich dieses Mittels gerne bedient. Zu Beginn 2004 beklagte die EZB öffentlich ein zu hohes EUR/USD-Verhältnis und forderte sogar den Chef der US-Notenbank Alan Greenspan über die Presse auf, seiner Währung zumindest verbal den Rücken zu stärken. Soweit die Theorie, bei der ein Faktor allerdings bewusst ausgeblendet wird. Um die Wirkung der verbalen Intervention zu messen, werden die restlichen Parameter als konstant angenommen. Und genau das funktioniert in der Realität eben nicht. Dort ändern sich alle Einflussgrößen permanent.

Drehen die Notenbanken an der Zinsschraube, entspricht dies einer etwas härteren Gangart. Direkten Einfluss auf die Wechselkurse nehmen sie über diesen Weg jedoch nicht, indirekten hingegen schon. Die Erklärung ist einfach: Fallen die Zinsen in einem Land, sinkt die Rendite und Kapitalanlagen werden weniger lukrativ und die entsprechende Währung unattraktiver. Das Prinzip dahinter lässt sich schnell am Beispiel einer US-Staatanleihe verdeutlichen. Um einen solchen Bond zu kaufen, muss die eigene Währung in Dollar getauscht werden, denn die US-Staatsanleihen notieren in ihrer Heimatwährung. Der Dollar-Kauf führt zu höheren Kursen. Fällt jetzt aber das Zinsniveau, steigen die Preise der Anleihen und werden damit für ausländische Investoren doppelt uninteressant.

Der Grund: Hohe Anleihekurse und gleichzeitig fallende oder zumindest niedrige Zinsen sind nicht sexy. Dies führt nun dazu, dass weniger Dollar auf den Devisenmärkten nachgefragt werden, um sie in Bonds zu stecken, da das Kapital sich in der Regel die lukrativste Verwendung sucht. Die Folge in dem Beispiel ist klar, der Kurs des Dollar sinkt.

Das stärkste Mittel, die Wechselkurse zu beeinflussen, ist sicher die direkte Intervention am Devisenmarkt, wie es derzeit besonders die asiatischen Notenbanken tun. Die Devisenreserven, die Länder wie China und Japan mittlerweile angehäuft haben, betragen über 1.000 Milliarden US-Dollar. Beispiel Japan: Allein für Interventionen im Jahr 2004 steht die gigantische Summe von 140.000 Milliarden Yen, umgerechnet 1.300 Milliarden Dollar, zur Verfügung. Auf bis zu acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts darf das Defizit so in der japanischen Leistungsbilanz anschwellen. Berühmt sind auch die Pfund-Stützungskäufe der Bank of England (BoE) Ende der achtziger Jahre. Festzuhalten ist, dass die Notenbanken für diese Strategien Gegenparteien brauchen, die sich unter anderem aus Spekulanten und Hedgern zusammensetzen.

Insgesamt machen im System freier Währungen kurzfristige Devisenspekulationen einen Großteil der Gesamtmarkttransaktionen aus. Dies hat zur Folge, dass Notenbank-Interventionen an Bedeutung verlieren und internationale Spekulanten mehr und mehr die wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Strukturen beeinflussen.